Die Mongolei ist auf der Internationalen Touristik Börse ITB das diesjährige Gastland. Zur Eröffnung der Messe sprach daher auch der mongolische Präsident Tsakhia Elbegdorj. Das Land will den beginnenden Tourismus stärken, um seinen meist sehr armen Einwohnern zusätzliches Einkommen zu verschaffen, so lautet die Botschaft. Lohnt sich denn eine Reise in die Mongolei? Sehen wir uns das Land doch einmal etwas näher an.
Die Mongolei ist ein Land einiger Extreme. Sie ist 4,5 mal so groß wie Deutschland, hat aber nur knapp 3 Millionen Einwohner. Passenderweise ist auch die Fläche der mongolischen Haupstadt Ulan Bator (Ulaan Baatara) 4,5 mal so groß wie die der deutschen Hauptstadt Berlin. Das Land ist fast so dünn besiedelt wie die Westsahara (die hat 1,8 Einwohner/qkm, die Mongolei 2). Selbst Island ist dichter besiedelt. Und dann noch: Fast die Hälfte der mongolischen Bevölkerung lebt in der Hauptstadt oder in ihrem Umkreis. Für die übrige Mongolei bleibt damit nur noch 1 Einwohner je qkm übrig. Kein Wunder, dass das mongolische Volk – ähnlich den Indianern – ein Volk der Reiter und der Reitkunst wurde: Anders waren die großen Entfernungen früher nicht zu überwinden. Heute gibt es in der Mongolei mehr Pferde als Menschen. Und vielleicht hat gerade die unendliche Weite des Landes den Wunsch der Bewohner nach „noch mehr davon“ geweckt: Mongolische Nomadenstämme gehörten zu den asiatischen Reiterhorden, die auf Eroberungszug nach Mitteleuropa gingen und schließlich (im Jahre 451) bis nach Paris und Orléans gelangten. Sogar das deutsche Wort „Horden“ kommt daher: Denn auf ihren Feldzügen wohnten die Krieger in provisorischen Dörfern aus Jurten, stabilen Zelten mit senkrechten Wänden. Aus dem Anblick der vielen „Jurten“ wurden in sprachlicher Verschleifung die „Horden“. Von Paris an allerdings mussten sich die Angreifer wieder zurückziehen.
„Go Nomadic“ – so bringt die mongolische Regierung das touristische Angebot des Landes auf den Punkt. Denn das wichtigste Reiseangebot des Landes besteht darin, die ungeheure Weite des Landes zu erleben und dabei den Alltag der weit verstreut lebenden Nomadenstämme zu erkunden und mitzumachen, der auch heute noch oft mittelalterlich wirkt – selbst wenn ganz vereinzelt die Jurten Solarmodule auf ihrem Kuppeldach tragen. Das Foto oben zeigt eine Jurte in der mongolischen Steppenwüste Gobi, das Foto unten eine Jurte vor dem Messeeingang zur ITB 2015, als Hinweis auf das Gastland Mongolei.
Die Mongolei ist eines der letzten Reiseländer für echte Abenteurer – nicht für Schein- oder Luxusabenteurer. Es gibt keine Hotels (außer in der Hauptstadt), keinen Luxus, nur sehr schlechte Verkehrsverbindungen, keinerlei westlich-zivilisatorischen Komfort. Wer wirklich einen echten Abenteuerurlaub verbringen will (die Betonungen liegen auf wirklich, echt und Abenteuer), für den kann ein Mongolei-Urlaub spannend werden.
Den Lebensalltag in den Weiten der Mongolei kann man sich aus westlicher Wohlstandsperspektive nur schwer vorstellen. Falls Sie aber einen gedanklichen Vorgeschmack erleben wollen, hätten wir da einen Tipp für Sie, einen etwas gewagten allerdings. Er lautet: Lesen Sie doch einmal den Roman „Dshamilja“ von Tschingis Aitmatow. Er schildert das Leben in den kleinen Dörfen, zwischen und in den Jurten, die Mühen und die Entbehrungen des Alltags, die ganz persönlichen Gefühle der Menschen. „Dshamilja“ ist zugleich auch eine bezaubernde Liebesgeschichte. Für den französischen Dichter und Lebemann Louis Aragon ist der kleine Roman (ein schmales Taschenbuch) „die schönste Liebesgeschichte der Welt“. Auch wenn Sie niemals in die Mongolei reisen sollten, ist dieses Büchlein mehr als lesenswert.
Und wieso ist dieser Lesetipp gewagt? Nur deswegen, weil der Roman nicht in der Mongolei, sondern in Kirgisien spielt. Man könnte diesen Lesetipp also für irreführend halten – das ist er aber nicht, denn alles andere stimmt. Kirgisien hat das Klima der Mongolei, Land und Menschen haben ein ähnliches landschaftliches Umfeld und eine ähnliche Geschichte, die Jurten sehen ganz gleich aus, das Alltagsleben der Steppenmenschen hier wie dort kennt kaum Unterschiede. Dass Kirgisien rund 1000 km von der Mongolei entfernt liegt, ändert daran nichts. In Asien sind 1000 km ohnehin keine nennenswerte Entfernung. Und immerhin hat der Autor Tschingis Aitmatow seinen Vornamen vom großen Dschingis Khan, dem Einiger der mongolischen Stämme, dem mongolischen Bismarck sozusagen. Aitmatow schrieb „Dshamilja“ 1958 als Abschlussarbeit seines Literatur-Studiums in Moskau. Er wurde später Berater Gorbatschows und kirgisischer Botschafter in Brüssel.
Tja, eigentlich sind wir bei hotelkatalog24 ja ein Reiseportal. Aber wenn wir nach den besten Reiseführern suchen, in diesem Fall für die Mongolei, dann stehen sie in den Buchhandlungen nicht immer bei den Reisebüchern. Manchmal stehen sie in der Romanabteilung. Dichter verdichten oft die Wahrheit von Menschen und Ländern, deswegen heißen sie ja auch so. Ob die Mongolei dann für Sie ganz persönlich ein Reiseziel werden kann, das können nur Sie selbst entscheiden.
In der Nationalhymne der Mongolei heißt es :
„Strahlende Völker der tapferen Mongolei
Habt Freiheit und Glück,
Schlüssel zum Glück, Pfad zum Wohlstand –
Unser großes Land gedeihe!“
Wir werden erleben, ob die ITB 2015 der Mongolei bei ihrer touristischen Entwicklung helfen konnte.