Schloss Cecilienhof – idyllischer Schauplatz großer Politik

Havellandschaft/Jungfernsee

Havellandschaft/Jungfernsee / Foto: hotelkatalog24

Manche norddeutschen Landschaften erinnern oft deutlich an Finnland, genauer an die Finnische Seenplatte. Die Kräfte der Eiszeit  prägen bis heute das Landschaftsbild. Aber es gibt auch starke Unterschiede: Im Falle Finnland ist außer Seen oft wenig zu sehen; herrliche Natur pur und zuhauf, sonst aber fast nix. Und das ist in der ebenfalls eiszeitgeprägten Region Berlin/Brandenburg eindeutig anders. Wie im Falle Finnland eröffnet allerdings auch hier erst der Blick aus der Vogelperspektive das Verständnis dafür, dass man hier vor den Schmelzwasserpfützen der Eiszeitgletscher steht, bzw. sie soeben aus der Luft betrachtet oder, ein andermal, auf ihnen segelt. (In Süddeutschland wiederholt sich das Thema Schmelzwasserseen bei fast allen Seen der Voralpen – Beispiele Starnberger See, Tegernsee, Walchensee, Forggensee – allerdings kamen da die Gletscher natürlich aus der anderen Richtung, nämlich von Süden, aus den Alpen).

Schloss Cecilienhof

Schloss Cecilienhof / Foto: hotelkatalog24

Das weite Land um Berlin herum allerdings, mit der Havel als zentralem Eiszeit-Gewässer, hebt sich von anderen Eiszeit-Regionen durchaus ab. Seit „ewigen Zeiten“ walten in dieser Region Kultur, Politik und Wirtschaft. Mächtige, Reiche und Kluge wollten oder mussten hier leben und bauten Häuser. Einstein segelte während seiner langen Berliner Zeit gerne auf dem Caputher See. Große Namen der Politik waren vorangegangen, so wie Friedrich II., der den Bau des Schlosses Cecilienhof noch vor dem Ersten Weltkrieg in in Auftrag gegeben hatte, benannt nach der Kronprinzessin Cecilie von Preußen. Gebaut wurde es erst nach dem Kriegsende.

Wassertaxi

Mit dem Wassertaxi nach Cecilienhof / Foto: hk24

Wer das Schloss Cecilienhof besichtigen möchte, kann wahlweise von der Landseite oder von der Wasserseite her anreisen – Wassertaxis aus verschiedenen Richtungen fahren fahrplanmäßig hierher und erinnern an Venedig oder Chioggia: Straßen aus Wasser statt aus Asphalt, Fahrzeuge mit Rudern statt Rädern. Die Anfahrt ist von etlichen schönen Blickwinkeln begleitet, wie etwa dem auf die Heilandskirche am Port von Sacrow, die unmittelbar am Seeufer errichtet wurde und einen „italienischen“ Campanile hat.

Heilandskirche Sacrow

Heilandskirche Sacrow / Foto: hotelkatalog24

Das Schloss Cecilienhof ist im Inneren tendenziell großzügig (176 Zimmer). Ein wenig erinnert das an den Satz des Fürsten Salina aus dem Roman „Der Leopard“: „Ein Schloss, in dem man jeden Raum kennt, ist es nicht wert bewohnt zu werden“. (Der Autor jenes Romans war Don Giuseppe Maria Fabrizio Salvatore Stefano Vittorio Tomasi, Principe di Lampedusa, Duca di Palma, Barone di Montechiaro, Barone di Torretta – genannt Giuseppe Tomasi die Lampedusa). Man könnte analog fast sagen: Ein Autor, dessen Namen man sich merken kann, ist es nicht wert gelesen zu werden. Oder haben Sie etwa Goethes Faust gelesen?

Schloss Cecilienhof jedenfalls ging nicht wegen irgendeiner genialen Architektur (die ist ziemlich bodenständig) in die Geschichte ein, sondern durch seine passive Rolle in der großen Weltgeschichte. Hier in Schloss Cecilienhof fand nämlich die „Potsdamer Konferenz“ statt, in der die Sieger des Zweiten Weltkrieges über die Zukunft des besiegten Deutschlands, Europas und damit der Welt konferierten. Ort der Verhandlungen an einem Tisch von gut drei Metern Durchmesser war die Große Halle des Schlosses (26 Meter lang, 12 Meter hoch). Die persönlichen Rückzugsräume der Mächtigen wurden mit individuellem Mobiliar bestückt, das von weither herangeschafft wurde. Dafür war eine Abteilung der Sowjetdelegation zuständig, die interessanterweise „Rückwärtiger Dienst“ hieß. Links und rechts neben der Großen Halle lagen die Rückzugsräume der Regierungschefs Truman, Stalin und Churchill/Attlee. Für die Sowjets und die Amerikaner gab es sorgsam getrennte Eingänge.

Potsdamer Konferenz - Große Halle

Ort der Potsdamer Konferenz – Fenster der Großen Halle. Foto hotelkatalog24

Gewohnt hat die US-Delegation natürlich nicht im Schloss Cecilienhof selber, sondern ein Stück entfernt in der damaligen Villa Müller-Grote, in der heutigen Karl-Marx-Straße 2. Von jenem Quartier aus gab Truman übrigens den Befehl zum Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki.

Ja, in Potsdam und im Schloss Cecilienhof wurde Geschichte geschrieben. Das Schloss kann besichtigt werden. Schloss Cecilienhof liegt gewissermaßen in einer finnländischen Landschaft, und Paris ist gewissermaßen auch nicht weit – wenn man bedenkt, dass das nahegelegene Schloss Sanssouci ein (gelungener) Abklatsch des Schlosses Versailles darstellt. Der Erbauer von Sanssouci – der „Alte Fritz“ – war allerdings sparsam; Sanssouci hat nur zwölf Räume (nunja, die haben allerdings schon das gewisse Etwas). Cecilienhof ist dagegen offensichtlich opulent. Aber bekanntlich waren ja Frauen immer schon etwas  teurer als Männer.